Gasmesstechnik: Sensoren

Messgeräte, Hersteller, Leistungen, Preise, Datenaufbereitung, Datennormierung, Standards, Modellbildung und Simulation des anaeroben Abbauprozesses, Versuchswesen, Beprobung, Analytik,...

Moderator: Schlattmann

Antworten
Benutzeravatar
effenberger
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 27
Registriert: 08.11.2004, 08:09

Gasmesstechnik: Sensoren

Beitrag von effenberger »

grep hat geschrieben: Ich würde dabei aber auf jeden Fall darauf achten, dass für CH4 und CO2 Infrarotsensoren (Zweistrahl, druckkompensiert, temperaturkompensiert) eingebaut sind. Viele Hersteller arbeiten hier mit Wärmeleitfähigkeitssensoren, die sind aber bei Mehrkomponentengemischen wie Biogas schlichtweg unbrauchbar.

Martin
Auf der Jahrestagung des Fachverbandes Biogas e.V. habe ich mit einem Messgerätehersteller gesprochen, der ein Gerät mit Wärmeleitfähigkeitssensoren für Methan und Kohlendioxid anbietet. Er war von seiner Technik (natürlich) sehr überzeugt und behauptete, dieselbe Genauigkeit zu erreichen, wie mit optischen Sensoren (seine Angabe: +/- 0,5 Vol.-%). Ich würde dazu gerne noch einmal Kommentare von Messtechnikspezialisten hören.

Grüße von Mathias
Benutzeravatar
mur
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 68
Registriert: 15.11.2004, 21:46

Re: Gasmesstechnik: Sensoren

Beitrag von mur »

effenberger hat geschrieben:
Auf der Jahrestagung des Fachverbandes Biogas e.V. habe ich mit einem Messgerätehersteller gesprochen, der ein Gerät mit Wärmeleitfähigkeitssensoren für Methan und Kohlendioxid anbietet. Er war von seiner Technik (natürlich) sehr überzeugt und behauptete, dieselbe Genauigkeit zu erreichen, wie mit optischen Sensoren (seine Angabe: +/- 0,5 Vol.-%). Ich würde dazu gerne noch einmal Kommentare von Messtechnikspezialisten hören.
Bei 2 Komponenten, z.B. Methan/Luft oder Methan/Kohlendioxid wird das zutreffen. Das Problem ist jedoch, sobald eine 3. Komponente im Biogas enthalten ist (z.B. durch Lufteinblasen).

Wenn CH4 und CO2 mit Wärmeleitfähigkeit gemessen werden und dann noch Luft vorhanden ist, wie soll man mit Wärmeleitfähigkeit die Konzentrationen noch korrekt ermitteln können, da ja alle Komponenten eine Wärmeleitfähigkeit aufweisen? Es müsste dann also der Sauerstoff mit einer anderen Methode gemessen werden, Stickstoff als 4fach vom Sauerstoff angenommen werden und dann eine rechnerische Korrektur gemacht werden. Soweit mir bekannt ist, geschieht dies bei einem unserer Mitbewerber. Eine Genauigkeit von 0.5 % anzugeben, finde ich aber dann verwegen.

Ich will das ganze mal genauer erklären:

Laut einer Information (Gerätebeschreibung) eines Herstellers für
Wärmeleitfähigkeitsmessgeräte (Fa. Auer) ist mit einer Sonderkalibrierung
die Messung eines Gemisches aus CO2 und CH4 möglich. Ist Luft als dritte
Größe anwesend können keine brauchbaren Ergebnisse gemessen werden. Das
würde nur noch funktionieren, wenn der Luftanteil (O2x5) rausgerechnet würde

Wärmeleitfähigkeiten in W/mK
CH4 0,0337
CO2 0,0164
Luft 0,0260

Angenommene Gaszusammensetzung: 46% CH4, 1,2%O2, d.h. 6%Luft und 48% CO2
also ergibt sich eine Wärmeleitfähigkeit der Mischung von
0,46x0,0337+0,06x0,0260+0,48x0,0164=0,02493
Nimmt man also an, es wäre jetzt bei gleichem Methangehalt keine Luft im
Biogas, dann würde ein Gerät mit Infrarotmessung nach wie vor 46% anzeigen, die Wärmeleitfähigkeit
wäre also: 0,46x0,0337+0,54x0,0164=0,02436
Rechnet man das auf die Spanne zwischen 0 und 100% CH4, entsprechend 0,0173
(Nullpunkt 0,0164), dann ergibt sich ein Fehler von 7%, d.h. bei Anwesenheit
von Luft müsste das Gerät mit Wärmeleitfähigkeit 7% mehr anzeigen. Spinnt man das weiter und nimmt
an, dass 46% CH4 in Luft sind, dann zeigt ein Infrarot-Messgerät nach wie vor
46%CH4 an , ein Wärmeleitfähigkeitsgerät ohne Korrektur würde aber 76% CH4
anzeigen! (Wärmeleitfähigkeit 0,029).

Man kann also Problemlos einen Mess-Fehler von 7 % nur durch Lufteinblasen in den Fermenter erreichen, wenn man Wärmeleitfähigkeit verwendet.

Ich weiss, das manche Hersteller auch keine rechnerische Korrektur machen und diese Tatsache verschweigen.

Eine Überprüfung wäre z.B. die Verwendung von 2 Kalibriergasen mit jeweils dem gleichen Methangehalt (z.B. 60 %), aber einmal in CO2 und das andere mal in Stickstoff. Hier würden einige Geräte vermutlich beträchtliche Abweichungen haben.
Ernst Murnleitner
Benutzeravatar
mur
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 68
Registriert: 15.11.2004, 21:46

Messgenauigkeit

Beitrag von mur »

effenberger hat geschrieben: Er war von seiner Technik (natürlich) sehr überzeugt und behauptete, dieselbe Genauigkeit zu erreichen, wie mit optischen Sensoren (seine Angabe: +/- 0,5 Vol.-%).
Die Angabe der Messgenauigkeit ist auch immer ein Problem. Wenn man mehrmals hintereinander mit z.B. einen Infrarotsensor misst, dann kommt man ohne weiteres auf eine Reproduzierbarkeit von 0.1 %. In der Praxis kommen aber noch andere Fehlerquellen hinzu, sodass man auf 1 bis 2 % Fehler kommt:

- Störungen durch elektromagnetische Strahlung etc.
- Genauigkeit des Analog/Digital-Wandlers (0.25 bis 1 %)
- Genauigkeit des verwendeten Kalibriergases (0.5 bis 2 %)
- vom Sensorhersteller angegebene Driftrate (1 bis 2 % pro Jahr oder mehr)

Bei der Angabe der Genauigkeit sollte also immer angegeben sein, unter welchen Voraussetzungen bzw. nach welchem Zeitraum und wie oft man kalibrieren muss, um die Genauigkeit einzuhalten.

Unsere Erfahrungen:

Wenn wir am einen Tag das Gerät mit Kalibriergas kalibrieren und dann am nächsen Tag nochmal mit dem selben Gas messen, dann ist die Abweichung nur 0.1 %. Bei den jährlichen Kalibrierugen der in der Praxis eingesetzten Geräte ist die Abweichung im Durchschnitt etwa 1 % (0 bis 2 %).

Viele Gruesse

Ernst
Ernst Murnleitner
Antworten