Probleme mit Biologie / Raumbelastung zu hoch?

Alles was mit dem eigentlichen Prozess der anaeroben Umsetzung von organischer Substanz zu tun hat sowie allgemeine Themen rund um Biogas

Moderator: Schlattmann

TSB
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Probleme mit Biologie / Raumbelastung zu hoch?

Beitrag von TSB »

Moin Schlattmänner,

ich bin neu in Eurem Forum und habe folgendes Problem mit meiner Biologie:

Meine Anlage besteht aus einem Fermenter und einem Nachgärer mit je 1500m³ Brttovolumen und einem gasdichtem Endlager mit 3000m³ Bruttovolumen. Sie ist jetzt exakt 12 Monate in Betrieb und war ursprünglich auf 360kw el. mit zwei HJS Zündstrahlern ausgelegt.
Angefahren wurde mit 800m³ ausgegorenem Substrat aus einer anderen Nawaro-Anlage 200m³ Schweine- und 100m³ Rindergülle. Nach dem aufheizen wurde dann langsam Silomais zugefüttert und nach 10 Wochen hatten wir die 360 kw.
Wir probierten dann noch mehr herauszukitzel, da sich die BHKW problemlos auf 500 kw aufdrehen ließen.
Auch das klappte reibungslos bis 430 kw bei 19 to Silomais mit etwa 34TS.
Zwei Monate später stellten wir die Fütterung von Mais mono auf 66% Mais und 33% Roggen GPS ( Teigreife, 35% TS) um. Um den Gasertrag zu halten mussten wir etwa eine Tonne mehr füttern. Aber auch das lief für weiter zwei Monate recht stabil.
Dann kam die neue Ernte. Aufgrund der leeren Silos konnten wir nur 14 Tage silieren lassen und haben dann die zuletzt beschriebene Mischung innerhalb weitere 14 Tage auf Mais mono- neue Ernte, 33,4TS- umgestellt.
Was dann kam stellt mich vor Rätsel.
Für etwa eine Woche stieg der Gasertrag enorm um dann langsam auf 360 kw abzusacken. Gleichzeitig stiegen die FOS/TAC Werte von etwa 0,4-0,45 auf auf 0,5-0,55. :cry:
Wir reduzierten die Fütterung auf 17 to Mais ohne Ergebnis auf die FOS/TAC Werte. Nach etwa acht Wochen steigerten wir die Rezirkulatsmenge von 120 auf 230m³/Tag. Die Belastung im Fermenter sank und stieg im Nachgärer. Vorsichtig tasteten wir uns wieder an 19to Mais heran. Heute liegen wir wieder bei 0,5 FOS/TAC (6606 FOS, 13345 TAC) im Fermenter und 0,39 (5748 FOS, 14639 TAC) im Nachgärer. Trotzdem kommen nur etwa 390kw raus. :cry:

Was tun sprach Zeus. :?:
Ist die Raumbelastung einfach zu hoch?
Würde ein Gülleeinsatz Abhife schaffen? Wenn ja, welche und wieviel und hätte Festmist einen ähnlichen Efekt?
Kann es sein, dass die Bakterienstämme verarmen? Nach dem Motto es muß mal wieder frisches "Blut " rein?
Oder liegt es evtuell an fehlenden Mineralstoffen?
Oder brauche ich einfach mehr Geduld?

TS Gehalt liegt bei 10,8 im Fermenter und 9,2 im Nachgärer.
Gerührt wird mit Tauchmotorrührwerken, die regelmäßig in Höhe und Richtung verstellt werden.
Kann es sein, dass die Behälter nicht mehr richtig durchmischt sind?
Würde ein Separator hinter dem Nachgärer mit Rezirkulierung der Flüssigphase in den Fermenter Abhilfe schaffen? :?:
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TT-Hase
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Beitrag von TT-Hase »

19 Tonnen Mais x 240 l Gas x 0,50 Methan X 38 % Wirkunsgrad x10 kW/m³

Ich komm auf ~ 360 kW elektrisch im Schnitt. Auch bei etwas höheren Werten nie auf die 430 kW. Der höhere Ertrag am Anfang könnte aber schon auf die Gülle zurückzuführen sein weil einfach der Methangehalt hochgepusht wurde und die Gülle ja auch etliche Wochen Gas gibt.

So sehe ich persönlich das ganze. Über Kritik und Meinungen bin ich dankbar!
Al Kano
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Beitrag von Al Kano »

Mich würde die Gaszusammensetzung während dieser Phasen interessieren.
Wird die auch gemessen?
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extra-wurst
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Beitrag von extra-wurst »

Al Kano hat geschrieben:Wird die auch gemessen?
... und dokumentiert? :)
Zuletzt geändert von extra-wurst am 11.01.2007, 06:45, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße aus der Heide
Bernd
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Beitrag von Bernd »

Hallo TSB,
untersuchst du nur den FOS/TAC-Wert beziehungsweise machst du auch Untersuchungen von den Gesamtsäuren?

So schlecht ist aber deine Leistung gar nicht bei 19 to Mais pro Tag!


Gruß
Bernd
TSB
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Beitrag von TSB »

Erst mal vielen Dank für euer promptes Interesse.

Ich muss mich entschuldigen, gleich in meinem ersten Brief hab ich da ein wenig durcheinander gebracht.

Die 430 KW bezogen sich jeweils auf eine Auslastung zwischen 93 und 97 %. Die 360 KW bzw. 380 KW sind schon auf 100 % umgerechnet.
:?
Da nähern sich die Werte doch schon wieder ziemlich an.

Die Motoren sind Zündstrahler, also 2x 3l Heizöl / h mitrechnen.
Ausserdem liegt der Wirkungsgrad bei von HJS gemessenen 42,0 bzw. 40,6 %. Ich stand zwar bei der Messung daneben, ob das aber alles mit rechten Dingen zugegangen ist, kann ich nicht beurteilen. Nur soviel: die Monteure machen allgemein einen relativ vertrauenswürdigen Eindruck.
Nach meinen eigenen Berechnungen müsste das aber ungefähr hinkommen, habe allerdings keine Möglichkeit Gastemperatur und Gasdruck zu messen und auf genaue Normgasbedingungen umzurechnen.

Der Methangehalt lag in der Anfangsphase bei 47 - 49 % über etwa 12 Wochen und stieg dann langsam auf 52 %. Bis auf die Umstellungsphasen mit starken Schwankungen von z.B. 46 % an einem Tag und 51% am nächsten halten wir die 52 % relativ konstant mit Schwankungen von 51,4 bis 52,3.

Die Schwefelgehalte lagen abgesehen von der Anfahrphase bei 20 -40 ppm und nach Abdeckung des Endlagers und Durchleitung des Gases auch durch diesen Gasspeicher bei 0 - 7 ppm.

Sauerstoff für die Entschwefelung lag zwischen 0,2 und 0,7 %.

Aufgrund der schlechten FOS / TAC Werte haben wir kürzlich das Säurespektrum genauer analysieren lassen.
Fermenter: Essigsäure 1146 Propionsäure 511
Nachgärer: Essigsäure 1200 Propionsäure 415

Auch wenn das keine Katastrophenwerte sind, mir bereitet die steigende Tendenz sorgen.
Nochmal die wesentlichen Fragen was sagt Ihr zu Raumbelastung und gülleloser Vergärung?
Hier in der Region hat jemand sehr gute Erfahrung damit gemacht in einer güllelosen Anlage 20 % Gras und 80 % Mais einzusetzen. Was haltet Ihr davon in Bezug auf Prozesstabilität? Ist eine solche Mischung einer reinen Maisration überlegen? :?:
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turbomeyer
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Spurennähstoffe

Beitrag von turbomeyer »

Hallo,
bei einer fast Monovergärung fehlen dem Prozess in der Regel Spurennähstoffe.
Diese werden normal durch die Gülle zugeführt. Rezirulat ist hier nicht die Lösung der Probleme.

Frage: bekommen die Tauchmotorrührwerke den Fermenter noch gemischt. Ich vermute, das es da Totzonen im Fermenter gibt, wo nichts passiert.

MFG Turbomeyer
Al Kano
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Beitrag von Al Kano »

Hallo TSB,
auch wenn es einzelne Anlagen gibt, die bei gülleloser Vergärung bei 4 kg/m³ Faulraumbelastung oder sogar noch darüber liegen, denken viele ,daß eine Maximum bei ca. 2,5 kg/m³ liegt. Etwas verschieben läßt sich diese Grenze durch engere Rührintervalle, also mehr Bewegung im Fermenter und durch die Thermophile Führung der Vergärung.
Zu prüfen wäre in diesem Fall auch die Mineralstoffversorgung und nur hier vielleicht auch der Einsatz von Enzymen.
Das Einfachste wird sein, erstmal Gülle in die Ration aufzunehmen und die Reaktion abzuwarten.
Dranbleiben mußt Du ohnehin, dazu gibt die Bank den Sinn!
Und.
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TSB
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Beitrag von TSB »

Gibt es verlässliche Richtwerte auf welche Mineralstoffe es in welcher Höhe ankommt und welche nicht max. überschritten werden dürfen( hohe Rezirkulatsmengen)?
Macht ein Enzymeinsatz überhaupt Sinn wenn man eh schon recht hohe Säurewerte hat? Soweit ich weiß, unterstützen diese nur den Abbau der organ. Substanz bis zur Säurestufe. Die Methanbildner aber werden nicht unterstützt, was bei bereits hoch belasteten Anlagen dann doch eher negative als positive Auswirkungen haben dürfte, oder?
Bezüglich der hohen Raumbelastung scheint es da doch sehr unterschiedliche Meinungen zu geben. Natürlich darf man in einer Investitionskalkulation nicht mit hohen Werten rechnen. Wenn man aber im Betrieb höhere Werte erreicht und die Bhkw haben auch noch Reserven um das mehr an Gas aufzunehmen, fägt es an richtig Spaß zu machen. :wink:
Also nochmal wie bekommt man es hin, auf Dauer Belastungen über 4 kg oTs/m³ zu fahren?
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mur
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Beitrag von mur »

Hallo,
TSB hat geschrieben: Macht ein Enzymeinsatz überhaupt Sinn wenn man eh schon recht hohe Säurewerte hat? Soweit ich weiß, unterstützen diese nur den Abbau der organ. Substanz bis zur Säurestufe. Die Methanbildner aber werden nicht unterstützt, was bei bereits hoch belasteten Anlagen dann doch eher negative als positive Auswirkungen haben dürfte, oder?
Ja, das ist auch meine Meinung. Wenn man Enzyme einsetzt, dann sollte man wissen welche und welches pH-Optimum die haben. Ich habe schon geshen, dass Enzyme eingesetzt werden, die nur bei saurem pH-Wert arbeiten - und das bei einer Biogasanlage mit neutralem pH 7!

Wenn die erste Abbaustufe limitierend wirkt, dann wären Enzyme evt. gerechtfertigt. Wenn nicht, kann man das Gegenteil erreichen: Lipasen (Fettzerlegung) würden evt. die Fettsäuren vermehren und so für mehr Hemmung sorgen.

Ernst
Ernst Murnleitner
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