Neue Düngeverordnung und Stoffstrombilanz

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Moderator: Stulle

Julius-K
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Neue Düngeverordnung und Stoffstrombilanz

Beitrag von Julius-K »

Hallo Kollegen!
Wie plant ihr in Zukunft mit der 170 kg N/ha Grenze und der Stoffstrombilanz auszukommen?
Also bei uns erntet man egal ob mit Silomais, Gras oder GPS und Zweitfrucht von jedem Hektar mehr als die 170 kg N/ha.
Ich brauche also mehr Hektar Ausbringfläche als beertet werden, dazu kommen noch eingesetzter Mist und Gülle.
Gärrestabnahme ohne Tausch gegen Futter ist bei uns kaum möglich.
Habt ich euch schon näher mit Gärresttrocknung und Abgabe, Gärrestkompostierung oder Aufbereitung des flüssigen Gärrests mittels Denitrifikation beschäftigt?
Hat jemand schon (erfolgversprechende) Erfahrungen?
Das Thema wird uns noch schön zu schaffen machen.
Scheinbar ist auch noch gar nicht klar, wie (und ob) die Stickstoffverluste bei der Gärrestbehandlung (Verluste über die Abluft oder Verluste durch Denitrifikation) bilanziert werden können!

Grüße aus dem Süden.
Jens
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Beitrag von Jens »

Das ist ein schwieriges Thema. Abgesehen von den Anlagen, die noch wenig KWK -Bonus haben, um mit dem Mehr-Ertrag dann die Aufbereitungsanlagen zu finanzieren, kann man die gesamte Gärrestaufbereitung vergessen. Sobald man anfängt, dass man die notwendige Wärme dafür produzieren muss, ist schon alles vorbei.
In Holland kostet die Gülle-Entsorgung regulär weit über 20€/m³ und die fahren immer noch.
Wir werden versuchen nächsten Frühjahr den abgepressten Feststoff aus der Anlage auf die Strecke zubringen (https://schlattmann.de/forum/ads_item.php?id=403), weil das logistisch noch am einfachsten bzgl. Abladen, Zeitraum und Rückfracht ist.
Ich denke bei dem Thema "Wirksame Maßnahmen" eher an wesentlich höhere MInaraldüngersteuer, Mautfreiheit für Gülle-LKW und Bekenntnis der Politik zur Kreislaufwirtschaft (Nährstoffe müssen wieder zurück zur Ackerfläche). Aber dass ist mehr Wunschdenken bzw. Träumen...
Julius-K
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Beitrag von Julius-K »

Variante "Kompostierung" soll aus 1700 m3 Stroh oder Pferdemist (als Startmaterial) und 3000 m3 Gärrest (tägliche Zugabe von 30 m3 und tägliches Durchmischen) innerhalb von drei Monaten 1000 to Humus/Kompost mit 48 % TS durch Eigenerwärmung machen. Braucht also keine zusätliche Wärme. Angeblich gibts in Italien schon 35 Anlagen und in Frankreich 17.
Bei der Variante "Denitrifizierung und biologische Phorphoreliminierung" soll aus dem flüssigen Anteil des Gärrests (Separierung notwendig) 95 % Wasser entstehen, dass man verregnen kann und 5 % Schlamm in dem das Phosphor ist. Braucht auch (fast) keine zusätzliche Wärme.
Hat jemand schon nähere Kenntnis, wie die Verfahren sich in der Praxis bewähren? oder ist jemand im Forum, der schon soetwas macht?
lerche
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Beitrag von lerche »

Es is doch echt zum heulen, dass wir drüber nachdenken, wie wir unsere guten Nährstoffe kaputt machen können...
Jens
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Beitrag von Jens »

Wir ???
Oder die Politik !!!

Warum darf ich mit Mineraldünger weiter düngen, während ich mit organischem Dünger aufhören muss ?
Warum müssen Betriebe, die Wirtschaftsdünger aufnehmen, auch schon als Strafe sofort die Stoffstrombilanz machen (und er deswegen lieber Mineraldünger streut)?
Warum wird überall über nachhaltige Kreislaufwirtschaft gesprochen, aber bei der Rückführung der Nährstoffe aus der Tierhaltung zum Ackerbau "die Nase gerümpft"?

Überall wo es möglich ist "schiesst" man auf die Organischen Dünger. Und wir müssen uns danach richten, obwohl wir wissen, dass es falsch ist...
Julius-K
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Beitrag von Julius-K »

Bei der Abgabe von organischem Dünger (Gärrest) kommt noch erschwerend dazu, dass der Gesamtstickstoffgehalt bilanziert werden muß, obwohl z. B. auch bei den Exaktversuchen der Höheren Landbauschule in Rotthalmünster nie die gleiche Düngerwirkung wie mit Mineraldünger erzielt werden konnte.
Lediglich der Ammoniumgehalt konnte bei Mais oder Weizen voll wirksam, vergleichbar mit Mineraldünger, festgestellt werden.
Das heißt, dass jede organische Düngung für einen Stickstoffüberschuß in der Stoffstrombilanz sorgt.
michael
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Beitrag von michael »

Bei der ganzen Diskussion sollten wir nicht vergessen, dass wir im Schnitt einen N-Überhang von 100kg/ha haben, der vom Wähler nicht mehr akzeptiert wird. Und konstruktiv ist da von unseren Stammesvertretern nichts gekommen. Es ist künftig nicht mehr akzeptiert, die letzen 10% mit unverhältnismäßig hohem Einsatz von Dünger zu erzielen. Beim Pflanzenschutz wird es ählich werden. Wir sollten uns damit beschäftigen.

Hier mal die zusammengefasste N-Berechnung zu Mais in BGAs vom BMELF von der Fachtagung:

Entzug/Gärrestanfall: 228kgN bei 60to/ha Ertrag (20to TM/ha)

abzüglich 15% Grobfutterverlust: 33kg/ha

weiterhin dürfen 15% Ausbring und Lagerverluste abgezogen werden: 29kg/ha

Es bleiben also 166kg N/ha übrig. Es kann also der gesamte Gärrest wieder ausgebracht werden (<170kg/ha).


Nach N-min und Abzug für langjährige org.Düngung (48kg/ha) bleibt ein Düngebedarf von 180kg N/ha für den neuen Mais.

Vom Gärrest wird die Hälfte angerechnet: 83kg/ha.

Es kann also noch 97kg/ha mineralisch gedüngt werden.


In der Gesamtsumme werden dann 166kg + 97kg = 273kg/ha gedüngt.

Wenn man davon den Entzug mit 228kg/ha abzieht, bleibt ein Überhang von 35kg/ha. Der ist kleiner 50kg/ha, also alles ok.


Meines Erachtens wird aber das Problem künftig nicht beim N liegen, sondern beim P, da unsere Böden hier meist gut versorgt sind, und nur noch 10kgP/ha Überhang da sein dürfen. Es kann also auch wirklich nur der organische Dünger von 1ha wieder auf 1ha ausgebracht werden.
Küspert
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Beitrag von Küspert »

@michael: *Applaus*

Ich vetrete hier seit ein paar Jahren die Meinung, dass bei uns besonders Mais und Weizen überdüngt werden. Selbst dünge ich den Mais hier nur noch mit N-Soll 150 und ich muss sagen, dass unser Mais kaum bis gar keine Unterschiede zu anderen zeigt, außer ner besseren Abreife = weniger Wasser in der Anlage und zum rumkarren.

ABER: Ich habe hier rel. viel Fläche und bring den Gärrest gleichmäßig unter.

Es sollte finde ich mehr in die Entwicklung von N-Bindern/Stabilisatoren gesteckt werden. Ein Mitarbeiter von SKW meinte mal auf nem Vortrag, dass es schon möglich wäre auf momentanen Stand, fast den kompletten N durch den Winter zu bringen und im Frühjahr verfügbar zu machen. Was jetzt nur Polemik war weis man aber nicht ^^
Hmpf :(
lerche
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Beitrag von lerche »

Ich dünge schon einige Jahre Mais ausschliesslich mit Gärrest, Getreide kriegt 30-50N mit Schwefel im frühen Frühjahr, Rest auch Kacke. Aber die 170 sind trotzdem knapp...

Und die Technik muss halt optimal sein. Rumspritzen is nicht. Im Getreide Schleppschuh
(was richtiges aus Holland...) oder Schlitze. Vor Mais Grubber/Scheibenegge Direkteinarbeitung. Alles andere is einfach nicht mehr. Da müssen einige noch umdenken.
michael
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Beitrag von michael »

Die 170kg sind ja effektiv 230. Das wären bei unserem Gärrest über 50m³/ha...

Wir düngen Mais nur noch mit Pressrest und haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Wie lerche sagt, das ganze geht nur, wenn Gärrest nicht mehr entsorgt wird.

Dieses Jahr hatten wir quer über alle Lieferanten (gut 30) beim Mais ca. 30% Mehrertrag gegenüber den Normaljahren. Ich bin sicher keiner hatte im Frühjahr auf 30% Mehrertrag gedüngt. Das sagt eigentlich alles. Bei uns wird der Ertrag in der Regel durch das fehlende Wasser begrenzt.
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