Spez. Investitionskosten

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Moderator: Stulle

Thomas_NP
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Spez. Investitionskosten

Beitrag von Thomas_NP »

Hallo,

auf Basis der Studie Ergebnisse des Biogas-Messprogramms des Bundesministerium für Verbraucherschutz aus dem Jahr 2005 habe ich mir vor dem Hintergrund einer Feasibility Studie die spezifischen Investitionskosten näher angeschaut und bin für Anlagen ab 500 KWel auf Werte zwischen 1.300 und 3.000 €/kWel gekommen.
1) Erstaunlich ist für mich die grosse Spanne der Werte
2) Leider gibt es nur 4 Werte/Anlagen über 500kWel, eventuelle Trends deshalb nicht erkenntlich.

Deshalb meine Frage: Hat jemand im Forum schon Erfahrungen bezüglich der spezifischen Investitionskosten bei Anlagen von 500-1000 KWel.
Ist eine weitere Degression über 1000 KWel möglich/realistisch?

Thomas
Bernhard
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Beitrag von Bernhard »

Rechne nicht unter 4000 €/kW el.; es ist unseriös, weniger anzukündigen, weil in der Praxis dann niemand die 4000 € unterschreitet, außer wenn er bestimmte Kostenfaktoren aus irgend einem Grund nicht rechnen muss.

die niedrigen Werte sind ein paar Jahre alt, die Preissteigerungen im Sog von Stahl- und Betonverteuerung, Nachfrageboom und Einspeisetarifanstieg waren aber enorm.

Eine Degression > 1MW ist v.a. bei den beiden großen Positionen Fermenterbau und BHKW noch drin, z.B. wenn man znetralgerührte Emailfermenter nimmt, die erst ab einer gewissen Größe gegenüber Beton preislich besser werden. Die Degression wird an vielen Standorten aber wieder aufgefressen durch die relative Verteuerung von Materialan- und Abtransport und die mangelnde Wärmeverwertbarkeit sehr großer Anlagen.
papp
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Beitrag von papp »

Die Frage lässt sich sowieso Nicht pauschal beantworten.Grössere Kollektivanlagen haben Zusatzkosten durch Transportfahrzeuge, Radlader, Grundstückskauf (vor allem in der Nähe von Wärmeabnehmern teuer), die notwendigen dezentralen Endlager sowie fermenternahe Silageplatten.
Wenn ich das alles weglasse verringern sich unsere Gestehungskosten von 5000 bis zu 3000 euro/kw.
Thomas_NP
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INvestitionskosten

Beitrag von Thomas_NP »

Hallo Bernhard,

ich habe von 2 Firmen für >1 MW Angebote vorliegen: 2.350 bzw. 2.500 €/kWel je nach Einsatzstoffe, ohne Radlader, sonst komplett.

Warum sollte sich die Summe auf 4.000 €/kWel erhöhen?

Thomas
Bernhard
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Beitrag von Bernhard »

Dann hast Du bei der Ausschreibung vielleicht Einiges vergessen oder zu gering ausgelegt.
meine 4000 € Angabe hat folgende Parameter:
- Kostenvoranschlag ist verbindlich (da fallen den Anbietern meist noch 10-20% Kosten zusätzlich ein), Bau durch einen Generalunternehmer
- Industriestandard (Profibusschnittstellen etc.)
- aufgeschlossenes, umzäuntes Grundstück mit Regenwasserbecken - macht knapp 200 €, an manchen Orten kanns aber billiger sein, das spart dann echt was.
- BHKW mit garantierten >39% el. Wirkungsgrad (BHKWs mit 35% sparen bis zu 10% des Gesamtpreises, sind aber in der wirtschaftlichkeit und Ökobilanz per saldo viel schlechter)
- 70 d Verweilzeit, Brückenwaage in PC-Visu integriert, Radlader,
- Trafo (baut in den neuen EU-Ländern das EVU nicht selbst)
- gedecktes Endlager (wird meist vorgeschrieben)
- Gülleseparation
- keine Hygienisierung, keine MwSt. inkludiert.

Und das baut keiner billiger. Kannst mir ja mal die KV senden, ich sehe sie mir durch.

Bernhard, pl@nschmie.de
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Schlattmann
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Beitrag von Schlattmann »

Das trifft sich gerade gut, ich habe mir nämlich letztes Wochenende genau hierüber den Kopf zergrübelt...

...wenn ich wissen will: Wie teuer ist eine Anlage pro kWel., dann kann man doch erstmal folgendes feststellen:

1) Im Bereich der Biogaserzeugung gibt es verschiedenste Konzepte, Meinungen, Anlagenphilosophien (Bauarten).
2) Die Vorraussetzungen sind insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich sehr verschieden (der eine hat Silofläche, der andere nicht, der eine hat einen vorhandenen Behälter, der als Lager verwendet werden kann, der andere nicht, der eine hat hohen Genehmigungsaufwand, der andere nicht, der eine muss viel für den Stromanschluss bezahlen, der andere weniger,...usw.)
3) Dadurch ergeben sich die erheblichen Spannweiten in den spezifischen Investitionskosten.
Will man diese vergleichen oder eine Kostendegressionslinie erstellen, ist das nur schwer möglich, da man Äpfel und Birnen in dieselbe Grafik aufträgt. Somit wird die resultierende Linie einen durchschnittlichen Wert angeben, der mit steigender Anzahl an Datenpunkten immer zuverlässiger wird, aber im Einzelfall immer um ein erhebliches Maß abweichen kann.

Somit ist die Frage erstmal eine der Definition: Welche Kostenpositionen ziehe ich heran, die ich zum Vergleich spezifischer Investionskosten betrachte?

Als allgemein anfallende Kosten würde ich somit alles sehen, was die Biogasanlagentechnik in JEDEM Fall ausmacht ohne individuell sehr unterschiedlichen Kosten. Von Erdarbeiten bis zum letzten Nachgärer. Ohne Endlager, ohne Substratlager, ohne Radlader und ähnliches, ohne Stromanschluss, ohne Planung, Verwaltung, Genehmigung etc. Anhand dieser Angaben kann man eine allgemeingültige Kostendegression in Abhängigkeit der installierten kW erstellen (rein auf die Erstellung der Anlage bezogen). Zu beachten und anzugeben wäre auf jeden Fall: hierbei handelt es sich um die MINIMALEN Kosten. Hier sollten die Standardabweichungen von einer Degressionskurve bereits deutlich niedriger sein, wäre dies dennoch nicht der Fall, würde es auf tatsächlich teurere und billigere Anlagenkonzepte schließen lassen. Ausgehend von so einem Mindestkosten-Wert ließe sich ein Komplettangebot überprüfen, wenn man dann noch die individuell anfallenden Kostenpositionen mit dazu rechnet und auf's kW verteilt.

Wie seht ihr die Sache? Was wären individuell sehr unterschiedliche Positionen, die in einem allgemeinen Verleich erstmal ausgeklammert werden müssten?
MfG, Markus Schlattmann
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Bernhard
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Beitrag von Bernhard »

Ich stimme völlig zu, die Ausgangslage ist allein durch die unterschiedlichen Behördenauflagen, unterschiedliche geplante Inputsubstrate usw. überall ganz verschieden.

Ich habe bewusst nicht die Minimalpreise ohne alles, sondern die Preise einer Komplettanlage auf der grünen Wiese angeführt, weil wenn jemand eine Komponente schon hat, vermag er ihre (fiktiven) Kosten ganz treffsicher abzuziehen, aber umgekehrt treffe ich sehr, sehr oft auf den Fall, dass jemand mit sehr niedrigen ersten Preisschätzungen, die gerade aus solchen naked plant budgets herrühren, sich in euphorische Pläne stürzt und dann wenn die Pläne sich allmählich an die Realität nähern, verliert er den Mut, gibt auf und die Vorarbeiten waren umsonst.
Auch muss man aufpassen, es lesen unser Forum ja auch Leute, die der Ansicht sind, die Ökostromvergütung wäre zu hoch, und Bauern, die gluben, man könnte die Silage um den doppelten preis auch kaufen, und die rechnen dann vor, wie mit 2000 €/kW die Gewinne explodieren.

Mich erinnern diese Minimalpreisangaben an die Werbund der Fertighaushersteller "schlüsselfertig ab 100.000 €" - aber eben ohne Keller, Leitungen, Garage...

Bernhard
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TT-Hase
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Beitrag von TT-Hase »

Meist gibt es ja in der Praxis von den Baukosten her gar keine Degression im Preis pro kw. Kleinere Anlagen werden ja meist mit weniger Technik und Details gebaut als große und das ganze spiegelt sich dann einfach im Preis nieder.
Papier ist ja geduldig wie man sagt.
Ich habe mir vor zwei Jahren auch viele Angebote machen lassen und meistens fehlten dann mal der Erdaushub, dann mal der Stromanschluss, dann mal das Silo usw.
Aber um zu veranschaulichen rechne ich mal grob mit ner 500 kw Anlage:
Radlader 130000 Euro
Stromanschluss 80000 Euro
Silos 200000 Euro
Wegebau 30000 Euro
Erdarbeiten 25000 Euro

Sind dann gleich mal fast 1000 Euro mehr pro kW.

Kleinere Anlage mit sagen wir mal 200 kw kaufen sich dann oft nen gebrauchten Radlader, machen viel mit Eigenleistung usw.
wir selber haben für 2500 Euro das kW gebaut aber halt vieles selbst gemacht. Ich kenne auch welche die für unter 2000 Euro gebaut haben.
Aber es gibt natürlich auch Anlagen die 500 kw für 3 Millionen bauen und wie das dann mit der Wirtschaftlichkeit ist möcht ich nicht wissen. So wie ich rechne kann dabei nichts mehr verdient sein. Lasse mich aber gern vom Gegenteil überzeugen!

Aufpassen muss man vor allem auch bei den Wirtschaftlichkeitsbrechnungen. Ich habe etliche hier liegen von bekannten Biogasplanern und Herstellern. Und wenn man bei reiner Maisvergärung mit 55 % Methan rechnet, aus der Tonne Trockenstubstanz Mais mindestens 750 l Gas rauskommen, man fast keinen Eigenstrom verbraucht usw. dann kann man die Rendite dahin drehen wo man sie haben will und noch höher :evil:
Bernhard
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Beitrag von Bernhard »

3 Millionen für 500 kW - in das Land dieser Einspeisetarife übersiedle ich schon morgen, oder aber der Betreiber übersiedelt in unser Land auf der Flucht vor den Gläubigern.
papp
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Beitrag von papp »

Man sollte die unterschiedlichen Baubeihilfen, je nach Staat, Region etc. nicht ausser Acht lassen. Bei 50% Investitionsbeihilfe wird eher in aufwendige Technik investiert, vor allem wenn sich eventuelle Folgekosten (Wartungsverträge etc.) im Investitionsvolumen "verstecken" lassen :wink:
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