Biogaserzeugung unter Laborbedingungen

Schüler- und Studentenecke, Heimversuche, Minianlagen,...

Moderator: Schlattmann

Antworten
Paul
Beiträge: 2
Registriert: 26.08.2009, 08:59

Biogaserzeugung unter Laborbedingungen

Beitrag von Paul »

Hallo zusammen,

für meine Bachelorarbeit soll ich im ersten Schritt Biogas erzeugen um es nachher mit Schlacke (aus einer Müllverbrennungsanlage) zu filtern. Es geht wirklich nur darum Methan zu produzieren. Allerdings produziere ich einfach garnichts!


Hier mal ein paar Eckdaten:

Der Reaktor:
-hat ein max. Fassungsvermögen von 30l
-wird im mesophilen Bereich (37°C) betrieben
-Rührgeschwindigkeit 100 Umdrehungen pro min (geringer geht nicht)

Substrat:
-Faulschlamm aus einer Kläranlage
-Zucker (Stärke)
-Paniermehl

-das Gas wird mittels Gasbeutel aufgefangen
-es besteht die Möglichkeit den pH-Wert zu messen und ggf. zu verändern.
Soweit ich gelesen habe, sollte sich der pH-Wert aber selber einstellen.

Bis jetzt habe ich versucht den pH-Wert im Bereich von 7 zu halten, aber meine Befürchtung ist, dass ich dadurch den ganzen Prozess nur störe.

Nun meine Fragen:
1. wie soll das Verhältnis zwischen Faulschlamm, Wasser und Zucker (evtl. Paniermehl) aussehen.

2. stellt sich der pH-Wert wirklich selber ein oder sollte ich ab einem bestimmten Zeitpunkt eingreifen um den pH-Wert im Bereich von 7 zu halten.

Die DIN 38414 Teil 8 war keine große Hilfe.

Ich würde mich über jede Antwort freuen.

Mfg
der Verzweifelte :cry:
f-mate
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 192
Registriert: 01.02.2005, 16:08
Wohnort: Freising

Beitrag von f-mate »

Hallo Paul,

ich empfehle dir folgende zu tun:

- nicht nur mit normalen Klärschlamm anfangen, sonder mit Klärschlamm aus einer BGA, da die Microben schon aktiv sind, und es gibt nicht viel falsch zu machen;
- falls du Gärrest oder Fermenterinhalt aus einer landwirtschaftlichen BGA bekommen kannst, das ist noch besser, da die mit höherem TS-Gehalt fahren, und so mehr Stoffe zum abbauen in der Flüssigkeit gibt es;
- pH Wert sollst du nicht regeln, vor allem nicht im Bereich 7, es ist für die Methanogene nicht genug gut, denen ist es lieber zwischen 7,5-8, eher 8;
- mit Wasser zu verdünnen ist sinnlos, bitte mache es nicht; so hast du noch weniger TS zum Abbauen, und kann es sein, dass die Microben hungrich werden;
- Rühren: 100 U/Min sind schon viel, deswegen z.B. rühre nur 2 Min, danach 18 Min Pause - mit einer Zeitschaltuhr kannst du es bestimmt machen, und für die Microben wäre es schonender; - schwimmschicht oder ähnliches bildet innerhalb so einer kurzen Zeit nicht;
- am Anfang würde ich das Mehl weglassen, nur mit Zucker anfangen. Zucker ist schenll abbaubar, und gibt sehr viel Biogas, sehr schnell. Nach ein paar Tagen sind dann die Gassäcke voll, wenn du aktiven Klärschlamm aus einer BGA nutzt. (Ich habe meine ersteVersuche mit Zucker gemacht, sehr schnelle Gasbildung => Freude);
- Zuckermenge (theoretisch): 30 l Flüssigkeit entspricht ca. 30 kg (ganz genau ist es von der Dichte abhängig). ich empfehle dir 2% der Gesamtgewicht der Flüssigkeit im Fermenter als Substrat einzubringen. Das wäre ca. 600 g Zucker. Es ist aber nur im Batchverfahen, nicht im Kontinuierlichen Betrieb.

Meine Frage(n):

- wie machst du die Fütterung? Nur einmal, dann ist dein "Fermenter" geschlossen, oder kannst du es kontinuierlich füttern?



Ich empfehle dir folgende Literatur: VDI 4630: Vergärung organischer Stoffe,Substratcharakterisierung, Probenahme, Stoffdatenerhebung, Gärversuche. Hier findest du alles, was du brauchst.

DIN 38414 Teil 8 bringt dir nichts, es ist eher für Probenanalysen im kleinen Masstab mit Eudiometer (wir haben eine Einheit jetzt bestellt, ab mitte September können wir es endlich ausprobieren, bin gespannt).

Schöne Grüße,

Máté
*Jo=
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 162
Registriert: 31.08.2007, 17:31
Wohnort: Hatterode

Beitrag von *Jo= »

Ich habe mal einen ähnlichen Versuch für ein Schulprojekt eines meiner Gehilfen geplant und habe dabei Getreideschrot und Gärsubstrat aus meiner BGA genommen.
Das hat auch sehr gut fünktioniert, bis der Luftballon geplatzt war:-)
Paul
Beiträge: 2
Registriert: 26.08.2009, 08:59

Beitrag von Paul »

Recht herzlichen Dank für eure Hilfe :D

Ich habe mir jetzt die vdi 4630 besorgt und werde die erstmal durcharbeiten.

Zu f-mate's Frage:

Also ansich ist das ein Batch-Versuch, allerdings habe ich schon die Möglichkeit regelmäßig zu füttern. Der Reaktor hat dafür kleine Öffnungen, die ansich geschlossen sind, aber sobald bedarf besteht, kann man durch diese nachfüttern (der Sauerstoffeintrag hält sich dabei auch in grenzen).

Jetzt habe ich auch noch eine Verständnissfrage :)

Zu Beginn des Versuchs wird der pH-Wert doch automatisch sinken bzw. sollte zu Beginn der pH-Wert nicht "künstlich" angehoben werde, da sonst die Hydrolyse ( optimaler pH-Wert = 6) nicht vernüftig ablaufen kann.

Nach einer bestimmten Verweildauer, kann dann der pH-Wert angehoben werden, so das er in einem Bereich von 7- 7,5 liegt.

Würde ein pH von 8 nicht die Hydrolyse und die Versäuerung zu sehr hemmen? Sprich es würde zu wenig H2 erzeugt, so dass die Methanogenese wiederum gehemmt werden würde?

Gruß
Paul
f-mate
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 192
Registriert: 01.02.2005, 16:08
Wohnort: Freising

Beitrag von f-mate »

Hallo Paul,

den pH Wert künstlich am Anfang auf 6 oder niedriger einstellen ist nicht zu empfehlen, da die Methanogenese Mikroben sich unter 6, oder 4 sich nicht wohlfühlen, und du kannst nicht genau bestimmen, wenn du den Wert wieder steigen sollst, damit die Methan produzieren. Es ist besser den Wert so lassen, wie es ist, aber nicht zu sauer machen, da hemmt die Biogasproduktion. Deine Argumentation ist schon OK, rein wissenschaftlich die Biogasproduktion soll so ablaufen, aber in der Natur einige Mikroben müssen nicht immer in den optimalen Bedingungen arbeiten.

Grüße,

Máté
Antworten