Biogas im ökologischen Landbau

Alles was mit dem eigentlichen Prozess der anaeroben Umsetzung von organischer Substanz zu tun hat sowie allgemeine Themen rund um Biogas

Moderator: Schlattmann

Antworten
criZt
Beiträge: 2
Registriert: 23.11.2005, 13:18
Wohnort: Garten Eden

Biogas im ökologischen Landbau

Beitrag von criZt »

Hallo!

Ich bewirtschafte einen ökologischen Ackerbaubetrieb, in welchem jährlich etwa 70 ha Kleegras (derzeit keine Nutzung => gemulcht) und 50 ha Extensivgras anfallen, wofür ich betriebsintern bedauerlicherweise keinen Verwendung habe. Darauf basiert die Überlegung einer Biogasanlage mit Roggen / Triticale - GPS, Extensivsilo, Kleegrassilage und gegebenenfalls Getreidesubstitution (keine Gülle); nun zu meinen Fragen:

-Erfahrungen bzw. kritische Stimmen o.ä. was Biogas im ökologischen Landbau anbelangt?

-Wie verfährt man im Allgemeinen mit Gras-, Kleefutter: häckseln, mähen?

-Welche Hersteller befassen sich mit der Prozessbildung solcher Fermentate. Wird hier mit Wasser angemaischt?

-Stickstoff im Fermenter problematisch? Können beispielsweise auch Erbsen (Futtererbse Arvika) vergoren werden?

-Wie verhält es sich mit der Abwärme, wie kann ich pi - * Daumenkalkulieren:

Exempel: geplante Anlagengröße 200 kW, Wirkungsgrad el = 35% =>
200 kW / 0,35 = 571,5 kW chemische Energie entspricht der selben thermischen Energie. Diese als Abwärme zu etwa 45 % nutzbar sprich bei Vollauslastung etwa 260 kW thermisch zur Verfügung? Richtig?

-Habe einen Abnehmer an der Hand, wie günstig kann ich folglich für 365 im Jahre Vollabnahme anbieten?


Für Kritik und Antworten jeglicher Art wäre ich äußerst dankbar,


greetZ criZt
Benutzeravatar
extra-wurst
MOD
MOD
Beiträge: 750
Registriert: 09.09.2005, 16:30

Beitrag von extra-wurst »

moin

für jemanden, der im Garten Eden wohnt, hast du ziemlich viele Fragen.
:wink:

Hagen
Toni Baumann
Beiträge: 10
Registriert: 20.12.2005, 12:57
Wohnort: Wangen im Allgäu

Re: Biogas im ökologischen Landbau

Beitrag von Toni Baumann »

criZt hat geschrieben:
-Erfahrungen bzw. kritische Stimmen o.ä. was Biogas im ökologischen Landbau anbelangt?
Das ergänzt sich ganz hervorragend! Düngetechnisch, Nährstoffbilanz und auch im Anbau/Fruchtfolge.
Der Vorfruchtwert-N ist bei Kleegras sogar erheblich besser wenn gemäht wird und die Biomasse abgefahren wird als beim mulchen.

Ich habe die biologische Betreuung eines Biobetriebes ( 35 ha Kleegras in Oberschwaben/NATURLAND-Betrieb) mit Biogasanlage und dort haben wir sehr interessante Erfahrungen mit der (fast Mono-)Vergärung von Kleegras-Silage gemacht:
Der NH4-Gehalt ist innerhalb von 3-4 Monaten auf über 7g/l angestiegen. Die Anlage hat dann die Gasproduktion nach anfänglich sehr guten Gaserträgen stark gedrosselt. Das C: N Verhältnis war viel zu eng. Die Anlage wurde ursprünglich thermophil betrieben und musste auf mesophil abgesenkt werden. Kleegrasvergärungen sind "Hoch-Eiweißlast-Fermenter" und sollten entsprechend "kühl" gefahren werden, da dann das +NH4/ -NH3 weniger toxisch/hemmend wirkt. Auch das Impfsubstrat sollte aus einer "Hoch-Eiweißlast-Vergärung" stammen (Speiseabfall-Vergärung, Tierkörper-Verwertungs-Vergärung, usw...), sonst braucht die Biologie viele Monate um sich an sehr hohe Ammoniumwerte zu adaptieren.
criZt hat geschrieben:-Wie verfährt man im Allgemeinen mit Gras-, Kleefutter: häckseln, mähen?
Kurzschnittladewagen hhaben sich NICHT bewährt! Das gibt extrem zähfaserige Schwimmschichten wie Putzwolle im Fermenter! Kurz-Häckseln ist besser. Das Einsilieren macht keine Probleme. Aber der Silosickersaft ist extrem übelriechend.
criZt hat geschrieben:
-Welche Hersteller befassen sich mit der Prozessbildung solcher Fermentate. Wird hier mit Wasser angemaischt?
Nein. Wir haben für die Bio-BGA sogar den Trockenfermentations-Bonus beantragt. Aber als "Co-Substrat" wurde zur Weitung des C:N-Verhältnis besonders strohiger Schweinemist" eingesetzt.
criZt hat geschrieben:
-Stickstoff im Fermenter problematisch? Können beispielsweise auch Erbsen (Futtererbse Arvika) vergoren werden?
Ja, sehr gut.
Das Erbsen-Silage-Zeug gibt sehr hohe Methangehalte um 58% CH4

Besser sind aber Gemenge, z.B. Resele-Gemenge oder Landsberger Gemenge.
criZt hat geschrieben:
-Wie verhält es sich mit der Abwärme, wie kann ich pi - * Daumenkalkulieren:

Exempel: geplante Anlagengröße 200 kW, Wirkungsgrad el = 35% =>
200 kW / 0,35 = 571,5 kW chemische Energie entspricht der selben thermischen Energie. Diese als Abwärme zu etwa 45 % nutzbar sprich bei Vollauslastung etwa 260 kW thermisch zur Verfügung? Richtig?
Die tatsächlich verwertbare Wärmemenge muss separat betrachtet und berechnet werden. Das ist sehr komplex und hängt vom Wärmenutzungs-Profil des Abnehmers ab.
criZt hat geschrieben:
-Habe einen Abnehmer an der Hand, wie günstig kann ich folglich für 365 im Jahre Vollabnahme anbieten?
Das kann man hier ohne die näheren Umstände zu kennen nicht berechnen. Es hhängt auch davon ab ob ein Wärmelieferungs-Vertrag ODER ein Abwärme-Nutzungs-Vertrag gemacht wird.

Hoffe Dir vorerrst mal etwas weitergeholfen zu haben....
Gruß
Toni Baumann
"Die Mikrobe ist nichts,
das Milieu ist ALLES!"
Louis Pasteur
criZt
Beiträge: 2
Registriert: 23.11.2005, 13:18
Wohnort: Garten Eden

Beitrag von criZt »

Aaaah, vielen lieben Dank!
Dachte schon ich bekomme keine Antwort, stattdessen eine sehr ausführliche Aufbereitung meiner Fragen, nochmals Danke. Unser Projekt nimmt nun immer konkretere Formen an, wir beabsichtigen eine Realisierung im Jahr 2007.

Falls du nichts dagegen hast, lieber Toni, würde ich dich gerne mal telefonisch kontaktieren. Schreib mir doch mal unter quubuz@gmx.de deine Nummer, if possible.

Danke,


mfG criZt
Antworten