Woher kommt hoher Sauerstoffgehalt im Gas?

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Schlattmann
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Beitrag von Schlattmann »

eisekalt hat geschrieben: 5: ja....deshalb fahre ich nachher mal zu einem Kollege und mache mal einen Vergleichstest zu dessen Anlage, vielleicht hat der Sauerstoffsensor bei niedrigen Werten ein Problem mit der Genauigkeit obwohl er an der Umgebungsluft einen korrekten Wert liefert....
Ja, das ist bestimmt der nächste Schritt, da eine Undichtigkeit und Ansaugen von zusätzlicher Luft (+2% O2 / +10% Luft ) den Methan- und CO2-Gehalt jeweils um ca. 5% drücken würde.
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theanswersalwaysyes
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Beitrag von theanswersalwaysyes »

Ich denke auch, dass der O2-Sensor als erstes überprüft werden sollte. Klingt sehr nach einem Problem damit.

Trotzdem zur Klarstellung: Wo wird denn das Messgas angesaugt? Wo wird denn die Luft eingeblasen?

Hoher Sauerstoff und viel Schwefel klingt ja "auf den ersten Blick" danach, als wenn die Schwefelbakterien nicht hinterherkämen. Wobei das bei einer etablierten Biologie und Holzbalkendach unwarscheinlich ist. Wenn eine Schwimmschicht aufgerührt wurde, kann es schon mal zu einem massivem Einbruch der biol. Entschwefelung kommen. Erstens geht viel aktive Fläche schlagartig verloren und zweitens wird viel Schwefel eingerühert. Aber das ist ja bei dir scheinbar nicht der Fall?
papp
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Beitrag von papp »

theanswersalwaysyes hat geschrieben: und zweitens wird viel Schwefel eingerühert. Aber das ist ja bei dir scheinbar nicht der Fall?
Quatsch, der wieder eingerührte Schwefel ist elementar und spielt keine Rolle
(ausser im Werbegelaber von Verkäufern)
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Beitrag von eisekalt »

:oops:

Fehler gefunden!

Gegenmessung an einer anderen BGA ergab, dass ch4, h2s und co2 genau übereinstimmen aber anstatt 0,6% o2 anzuzeigen hat mein Messgerät so knapp 6,0% angezeigt. Obwohl der Sensor an normaler Luft mit 20,9 o2 anteil stimmte....

Im Gegenzug ensprechen meine 2 bis 3 angezeigten Prozente also fast nix an o2.... da funktioniert halt auch keine biologische Entschwefelung.... :roll:

Man sollte sich halt doch nicht blind auf die Technik verlassen und doch den verstand nutzen....

Vielen Dank für Euere Anregungen!
theanswersalwaysyes
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Beitrag von theanswersalwaysyes »

Erstmal herzlichen Glückwunsch zur Problemlösung!
papp hat geschrieben:
theanswersalwaysyes hat geschrieben: und zweitens wird viel Schwefel eingerühert. Aber das ist ja bei dir scheinbar nicht der Fall?
Quatsch, der wieder eingerührte Schwefel ist elementar und spielt keine Rolle
(ausser im Werbegelaber von Verkäufern)
Und gleich wieder so "laute" Worte ("Quatsch", "Verkäufer")! Die Schwefelumwandlung ist ein sehr komplexes Thema. Siehe dazu:

https://de.wikipedia.org/wiki/Schwefelkreislauf

Unter Punkt 7 steht als ein Weg der Schwefelumwandlung folgendes:
"Schwefel-Reduktion: Bestimmte fakultativ oder obligat anaerobe Bakterien (zum Beispiel der Gattung Desulfuromonas) und Archaeen (beispielsweise die Gattung Pyrococcus) oxidieren unter anoxischen Bedingungen zur Energiegewinnung molekularen Wasserstoff (H2) oder organische Stoffe mit elementarem Schwefel, wobei dieser zu Schwefelwasserstoff (H2S) reduziert wird (Chemotrophie)."

Es ist unstrittig, dass genau diese Bedingungen in einem Fermenter vorliegen. Anaerob, Archaen, elementarer Schwefel, Wasserstoff oder organische Stoffe. Und daraus kann Energie gewonnen werden unter Erzeugung von H2S -> also wird es auch passieren!

Eisensulfide (zu erzeugen durch Eisenzugabe) sind stabiler und quasi wasserunlöslich (Punkt 8). Selbst diese können zwar wieder zu H2S umgewandelt werden, aber nur mit Sauerstoff. Aber den gibt es warscheinlich wirklich kaum in der Fermentersuppe.

Natürlich ist Wikipedia kein Beweis, aber zumindest eine Gesprächsgrundlage.

Außerdem konnten wir bei einer Anlage direkt beobachen, wie der H2S-Gehalt anstieg nach dem Einrühren einer Schwimmschicht. Natürlich hat sich gleichzeitig auch die Entschwefelungsfläche verringert, es gab also zwei Effekte. Aber vorher, als noch keine Schwimmschicht da war, hat die Entschwefelungsfläche der Mauern, Netze und Folie auch gereicht.
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Beitrag von Schlattmann »

eisekalt hat geschrieben: Fehler gefunden!
Glückwunsch! So etwas in der Art dachte ich mir :)
Wenn die Sauerstoffzufuhr aufgrund der zu hohen angezeigten Werte heruntergeregelt wurde, ist es auch klar, dass die Schwefelwerte gestiegen sind.

Mit 30-40 ppm kannst Du mit Deiner biol. Entschwefelung aber auch schon extrem zufrieden sein, auf 0 wird man mit diesem Verfahren nicht kommen.

Sauerstoffsensoren sind elektrochemische Sensoren und verbrauchen sich mit der Zeit. Diese sind nicht für die Ewigkeit gedacht.

Noch ein paar weitere, eher theoretische Gedanken dazu:
papp hat geschrieben: Quatsch, der wieder eingerührte Schwefel ist elementar und spielt keine Rolle
Exakt denselben WikiPedia-Link hatte ich mir heute auch schon herausgesucht, den theanswerisalwaysyes oben gepostet hat.

Der Prozess nennt sich auch Schwefelatmung. Im Prinzip so wie wir organisches Material essen und Luftsauerstoff einantmen und Kohlendioxid ausatmen, werden hier organische Moleküle und elementarer Schwefel aufgenommen (der Schwefel erfüllt hier quasi die Funktion wie bei uns der Sauerstoff) und H2S "ausgeatmet".

In wie weit dieser Weg dann tatsächlich eingeschlagen wird wenn Schwefel in die Fermenterbrühe hereinrieselt oder untergerührt wird, kann ich auch nur spekulieren. Es kann jedoch nicht die große Rolle spielen, denn das würde bedeuten, dass sich der Schwefel im Fermenter aufkonzentrieren würde.
Aber grundsätzlich möglich ist dieser Weg.
theanswersalwaysyes hat geschrieben:Hoher Sauerstoff und viel Schwefel klingt ja "auf den ersten Blick" danach, als wenn die Schwefelbakterien nicht hinterherkämen.
Wenn der Sauerstoffanstieg allein durch eine plötzlich inaktive Entschwefelungsmikrobiologie hervorgerufen worden wäre, hieße das ja, dass schon immer "3% + x (Luftzufuhr wurde zusätzlich schon runtergeregelt) " Sauerstoff entsprechend 15-20% Luft eingeblasen worden wären. Dann wären die Methan- und CO2-Werte noch nie in einem vernünftigen Bereich gewesen.

Der Anstieg ist also meiner Meinung zu hoch, wenn das die Ursache wäre.

Noch ein Gedanke dazu der mir vorhin gekommen ist (korrigiert mich falls ich mich irre):

Nehmen wir an wir haben 2000-3000 ppm im Rohgas.
H2S + 0.5 O2 -> H2O + S

pro mol, bzw. ppm weggeschaufelten H2S also 0.5 mol, bzw. ppm O2
D.h. wenn diese Menge H2S ppm weggearbeitet wird, werden ca. 1500 ppm O2 verbraucht.
Das entspricht 0,15 %.
Das sollte die Größenordnung sein, um die der Sauerstoffgehalt dann schwankt, aber nicht von 0,6 auf fast 3 %.
MfG, Markus Schlattmann
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Beitrag von theanswersalwaysyes »

@ Schlattmann

Ja, 3% Sauerstoff wären viel zu viel. Da müsste CH4 schon sehr weit unten liegen bei der ganzen zugefügten Luft (zumindest deutlich unter dem normalen). War auch nur ein "auf den ersten Blick" in Anführungszeichen, da das nicht sein kann.

Interessant finde ich den Ansatz am Ende. Weiß nicht ganz genau, ob man ppm und mol so einfach ersetzen kann. Aber wenn ja, wäre es ja eine gute Empfehlung genau den doppelten Wert an Sauerstoff im Fermenter einzustellen, wie es H2S wäre ohne Sauerstoffeinblasung. Quasi 0,4% O2 bei 2000 ppm Schwefel ohne Sauerstoffzugabe. Oder?
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Beitrag von Schlattmann »

theanswersalwaysyes hat geschrieben: Weiß nicht ganz genau, ob man ppm und mol so einfach ersetzen kann.
Ich denke ja, es handelt (ideales Gas mal vorausgesetzt) beides um Teilchenkonzentrationen.
1 mol Gas entspricht 0,0224 m³ unter Normbedingungen (1013 mbar, 0°C), d.h.
6,022 * 10^23 Teilchen in diesen 0,0224 m³

1 ppm = 1 part per million, d.h. 1 Teilchen auf 1.000.000 und die haben idealerweise alle den gleichen Abstand, nehmen also unabhängig vom Molekül den gleichen Raum ein (jedoch nicht die gleiche Masse pro Raum)
10.000 ppm <=> 1 Vol.-%
theanswersalwaysyes hat geschrieben: Aber wenn ja, wäre es ja eine gute Empfehlung genau den doppelten Wert an Sauerstoff im Fermenter einzustellen, wie es H2S wäre ohne Sauerstoffeinblasung. Quasi 0,4% O2 bei 2000 ppm Schwefel ohne Sauerstoffzugabe. Oder?
Ganz so einfach wird es nicht sein, der Wert wird sich danach einzustellen sein wieviel Schwefel vorhanden ist, und welche Biomasse vorhanden ist.
Nach der Schätzung oben ergibt sich ja der Teil, der umgesetzt wird, nicht der Teil der im Gas verbleibt, also gemessen wird.
MfG, Markus Schlattmann
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