Sauacker

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Moderator: Schlattmann

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papp
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Sauacker

Beitrag von papp »

Doku, lief heut abend im TV.
Hab den Akzent schwer verständlich gefunden.
Inwiefern ist der Film repräsentativ für die Region?
Vollgaser
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Beitrag von Vollgaser »

hallo Papp,

wieso schwer verständlich, hier Reden alle so :mrgreen:

Bei uns lief der Film (ca 90 min) bisher nur im Kino.
Ich war aber extra mal drin, da der Drehort bei uns um die Ecke ist.

Es ist dahingehend repräsentativ, dass es bei uns noch einige Betrieb dieser Art gibt.
Es sind Betriebe die in den 80er/90ern ihr auskommen hatten mit 20 Kühen, 200 Mastschweinen, ein paar ha Getreide/Rapsverkauf und natürlich nebenher Vollzeit außerlandwirtschaftliche Tätigkeit, meist Hilfsarbeit.
Das Geld reichte zu Leben, was will man mehr. Betriebsentwicklung sollte die nächste Generation machen.
Dass aber die umliegenden Betriebe investierten, die freien Flächen aufsaugten, Ställe bauten und immer größer wurden ist nur belächelt worden, da die "Wachstumsbetriebe" außer viel Arbeit und Schulden anfangs auch nicht mehr im Geldbeutel hatten, was in den 90ern mit schlechten Agrarpreisen duchaus der Fall war.
Jetzt kommt die nachrückende Generation und stellt fest, dass es so nicht weitergehen kann: Das Geld reicht doch nicht mehr um den allgemeinen Lebensstandard zu halten, keine Frau macht das mit Kühe melken in Anbindestall, und rund um die Uhr nichts als Arbeit.
Der "Hofnachfolger" will auch investieren, muss erst seinen "Alten" überzeugen, dass es notwendig ist. Der sagt :es reicht doch.
Und wenn dann der Junge am Drücker ist stellt er fest: Der Zug ist ohne uns schon lange abgefahren und kann auch nicht mehr eingeholt werden.

Zum guten Schluss sind dann wieder die anderen Schuld, dass man nicht mehr weiterkommt, vor allem die Biogaser (er hat einen großen in der Nachbarschaft) die alles fressen wollen und aufgrund ihrer staatlichen Subventionen angeblich im Geld schwimmen.

Mindestens eine solche Situationen gibt es bei uns fast in jedem Dorf.

Gruß aus dem Süden der Republik.
Hans und Sepp ...
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Beitrag von Hans und Sepp ... »

Der Film war bis vorletzter Woche (?) in der Mediathek von einem öffentlich-rechtlichem Sender abrufbar (SWR oder ARD, bin mir nicht mehr sicher).
Zu Deiner Frage:
Ein gutes Stück westlich vom Drehort das gleiche. In beinahe jedem Ort gibts solche Betriebe. Von der genannten Betriebsgröße und -ausstattung, bis zum 130 Milchkuh-2Roboterbetrieb und 1 MW BGA alles kunterbunt vorhanden. Selbst in Ortschaften, in denen nur noch 5 aktive Betriebe existieren, sind i. d. R. auch ein bis zwei solcher "Auslaufbetriebe" zu finden. Wobei die betreffenden selbst sich meist in keinster Weise in diese Kategorie einordnen würden.

@papp: Aber schwätza deand sa doch ganz normal! :)

Sepp
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Jens
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Beitrag von Jens »

Ich fand nur den Schluss ein bisschen übertrieben.

Jeder, der einen Hof weiterführt, um ihn vielleicht irgendwann aufzugeben vollzieht wahrscheinlich einen guten Schritt für die Familie.

"... oder Du gehscht mit dem Hof unter..." wurde vom Vater gesagt.

manchmal beneide ich die Familien, die einer geregelten Arbeit nachgehen, ein riesiges Hofgebäude für ihre Hobbys haben und vom Nachbarbetrieb jeden Monat noch 1.000€ Pacht überwiesen bekommen...

Bezeichnet man das als "untergehen" ??? Ich würde das Erhaltung des Familienvermögens nennen...
Vollgaser
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Beitrag von Vollgaser »

Vor allem haben diese Betriebe in der Regel das privileg aussteigen zu können wann sie wollen, da sie sich nicht auf dem rasant fahrenden Wachstumszug befinden wo einem es beim Einsteigen die Rückfahrkarte abgenommen wird.

Das spannende am Film war, dass man sich manchmal selbst wiedergefunden hat daher finde ich absolut sehenswert.
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TT-Hase
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Beitrag von TT-Hase »

Gibts den noch in ner mediathek?
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SimonM
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Beitrag von SimonM »

Jens hat geschrieben: manchmal beneide ich die Familien, die einer geregelten Arbeit nachgehen, ein riesiges Hofgebäude für ihre Hobbys haben und vom Nachbarbetrieb jeden Monat noch 1.000€ Pacht überwiesen bekommen...

Bezeichnet man das als "untergehen" ??? Ich würde das Erhaltung des Familienvermögens nennen...
Habe den Film jetzt nicht gesehen aber du musst folgendes bedenken:
Pacheinnahmen sind Einkommenssteuer pflichtig. Landwirtschaftskammerbeitrag muss weiter gezahlt werden.
Berufsgenossenschaft muss weiter gezahlt werden.
Steuerberater in meinem Fall Landvolk muss weiter bezahlt werden.
Großes Bauernhaus = extreme Heizkosten, bei mir 250 Jahre altes Reetdachhaus 9000l Heizöl
Instandhaltung dieser Gebäude da die Alten ja noch so dran hängen aber komischerweise auf einmal keinen Handschlag mehr tun oder gleich weg ziehen, wie bei mir!
Ich habe mit 18 den Betrieb aufs Auge gedrückt bekommen weil meine Eltern sich getrennt haben, deshalb habe ich 4 Altenteiler die mir 2000€ im Monat kosten. Jetzt rechne nochmal nach wieviele ha man da so zu welchen Kurs verpachten muss...

Die alten Verbindlichkeiten aus letzten Betriebsrettungsversuchen und Sallbauten sind da noch nichtmal drin...
Es gibt vier Sorten von Menschen:
solche, die sich zu Tode sorgen;
solche, die sich zu Tode arbeiten;
solche, die sich zu Tode langweilen;
und solche wie mich.

Simon Meyer
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Beitrag von Jens »

deswegen muss man eine Betriebsaufgabe nicht als "untergehen" bezeichnen und bis aufs letzte weitermachen, sondern so wie viele Betriebe hier bei uns, die haben mit 30 Kühen bis zur Rente gewirtschaftet und Junior ging schon auf Arbeit.
Und als sich was nicht mehr rechnete, dann verkauft man Vieh und Maschinen und tilgt damit die oder ein Großteil der Verbindlichkeiten.
Ich kenne hier mehrere Rentner, die ihre Landpacht "nicht aufkriegen", wie wir hier obbe schwätze..
Einem Verpächter von uns sollen wir die Pacht immer kurz vor Weihnachten bringen, weil die diese direkt in die Briefumschläge für die Enkel packen und diese am 1. Weihnachtstag besuchen. Ich glaube nicht, dass der ein Einzelfall hier ist.
Hans und Sepp ...
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Beitrag von Hans und Sepp ... »

TT-Hase hat geschrieben:Gibts den noch in ner mediathek?
Außer dem Trailer habe ich auf die Schnelle nichts gefunden.
Vollgaser hat geschrieben:Das spannende am Film war, dass man sich manchmal selbst wiedergefunden hat daher finde ich absolut sehenswert.


Das kann ich nur bestätigen. Ich habe zu meiner Frau während des Films gesagt: Die Dialoge kommen mir so bekannt vor; vor 20 Jahren hätten die bei uns die gleichen Diskussionen aufzeichnen können. "Man muss auch mal ein Tal durchstehen können" war DER Lieblingsspruch.
Allerdings haben meine Eltern die Investitionsentscheidungen irgendwann akzeptiert und unterstützen uns bis heute tatkräftig.

Sepp
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