Rezirkulation mesophil zu thermophil

Alles was mit dem eigentlichen Prozess der anaeroben Umsetzung von organischer Substanz zu tun hat sowie allgemeine Themen rund um Biogas

Moderator: Schlattmann

Antworten
Benutzeravatar
Kohl
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 1010
Registriert: 17.12.2006, 21:01
Wohnort: Rheinland-Pfalz

Beitrag von Kohl »

@ Jens
Habt ihr ne Hackschnitzelheizung bei der Anlage?
Heizt ihr alle 4 Behälter?
Wieviel Gülle setzt ihr ein?
Wer wenn nicht wir ?
Wann, wenn nicht jetzt?
papp
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 3843
Registriert: 29.12.2005, 22:36
Wohnort: Ausland

Beitrag von papp »

Hmm, oft assoziiert man missverständlich einen Erfolg an einem bestimmten Faktor.
Glaube dass Jens zu sehr auf Temperatur setzt.
Wir machen das ja auch seit 10 Jahren, zu hoch thermophil kann ich nur sagen dass es mit wechselnden Einsatzstoffen sehr riskant ist.
Das " Abkochen" im Nachgärer hat, bei uns, gasmässig relativ wenig gebracht, war aber im Rahmen unserer Gesetzgebung hochrentabel.
Kann mir jetzt die vorhin genannten thermophilen Werte nicht vorstellen...
"Les promesses n'engagent que ceux qui y croient"
Jens
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 1401
Registriert: 25.12.2007, 19:18
Wohnort: Ihausen

Beitrag von Jens »

Wir planen eine Hackschnitzelheizung für nächstes Jahr.

Ob das Ding 100k kosten muss glaube ich nicht, wobei ich auch erst am Ideen sammeln bin.

Es geht bei uns auch nicht um ein paar kalte Tage, sondern von Dezember bis März, ich denke mit ca. 400.000 kw Bedarf (150kw /h) was uns einfach jetzt ständig fehlt. Für die kältesten Tage haben wir bereits einen 350kw Ölbrenner als Notheizung.

Da wir den Bedarf in die gesamte Heizungsverteilung integrieren können, glaube ich dass wir auf Pufferspeicher inkl. Steuerung verzichten können.
Und da das Ding nicht in einem öffentlichen Gebäude stehen soll, sondern bei uns hinten auf der Anlage, wird es wohl was gebrauchtes werden. Und wenn man so den Anzeigen mal glauben darf, bin ich der Meinung, dass wir mit 30.000€ schon ziemlich weit kommen dürften. (https://www.landwirt.com/gebrauchte,163 ... ign=Criteo) Und das rechnet sich dann schon nach wenigen Jahren, zumal man dann eben auch die Möglichkeiten hat, sehr viel zuzuheizen ohne gleich wieder eine dicke Heizölrechnung zu bekommen. Der Abstand Hackschnitzel zu Heizöl beträgt anscheinend ca. 4ct/kwh und das ist schon was...

Wir hatten zu Anfang ausreichend Wärme. Haben sogar im Winter noch Holz getrocknet. Dann kam der Trend zu mehr Gülle und Mist, wir haben ein Fernwärmenetz gebaut und dann haben wir 190kw als Satellit weggestellt und irgendwie hat keiner darauf geachtet, wie wir so mit den Wärmemengen hinkommen.
Der eigentliche Fehler war aber nicht das Wegsetzen des BHKW, sondern der Fehler war nicht sofort einen Teil der Mehreinnahmen in die Hand zu nehmen und etwas zur Wärmeerzeugung für die 3-4 Monate zu kaufen. Man hat halt immer gedacht das 38°C ja nicht zu wenig ist.
Zuletzt geändert von Jens am 07.01.2017, 21:37, insgesamt 1-mal geändert.
Jens
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 1401
Registriert: 25.12.2007, 19:18
Wohnort: Ihausen

Beitrag von Jens »

@papp:
wir denken hier ständig über alle Faktoren nach.
Wir können unseren Brei gut rühren, wir haben gute Biologie-Werte, wir können alles gut pumpen, wir bekommen die Störstoffe raus, der Mist kommt günstig auf den Hof, wir haben keine Schwimmschicht im Endlager, alles ist gut von April bis Dezember bei ca.48°C
Ab Dezember rutschen die Fermenter unter 40° und dann haben wir wesentlich mehr Feststoffe und können weniger Füttern, weil das Rühren schwerer fällt, da der Abbau nicht so funktioniert. Und damit sinkt dann die Leistung der BHKW.

Warum sollten wir dann nicht diiesen einen Faktor Temperatur als "schuldigen" identifizieren ?
Soll es die Lux-Werte im Sommer sein ? Oder was gibt es sonst noch ?
papp
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 3843
Registriert: 29.12.2005, 22:36
Wohnort: Ausland

Beitrag von papp »

Es kann vieles sein

- TS-Gehalt deiner Einsatzstoffe
- die Anaeroben brauchen lange um sich anzupassen, da ist jeder Wechsel in jede Richtung oft verheerend, wir sehen das hier an den Gaswerten, H2 steigt, danach sinkt Methan, danach steigt CO2 dann sinkt Fermentertemperatur usw und sofort.
Und oft kann man sich keinen Reim darauf machen
- wie vorhin gesagt ein Wechsel, das kann sogar vom gleichen Silagehaufen herkommen, bei uns ist es der wechselnde Mist.
"Les promesses n'engagent que ceux qui y croient"
Jens
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 1401
Registriert: 25.12.2007, 19:18
Wohnort: Ihausen

Beitrag von Jens »

Bei uns die die Mischung das konstante:
Wir füttern Grassilage und jetzt halt auch Maissilage, aber hauptsächlich Mist von etlichen Betrieben immer bunt gemischt, so dass die Futtermischung im Fermenter "unterm Strich" immer die gleiche ist. Wenn es an den Inhaltsstoffen liegen würde, dann hätten wir ja auch mal Ausreisser nach oben, aber die haben wir nicht.
Temperatur runter --> zeitlgleich Probleme nehmen zu --> Temperatur rauf (ab ca. 45°C) --> alle Probleme weg.

Seit drei Jahren in konstanter Wiederholung und auch bei zwei parallelen Fermentern zeitgleich.

Ich glaube aber auch, dass das nur für wenige Biogasanlage gilt, denn viele, ob nun aus Abfall oder NawaRo, setzen auf leicht verdauliche Stoffe wie Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße. Alle diese Stoffe können von den Bakterien relativ leicht umgesetzt werden.
Der Celluloseabbau zu Kohlenhydraten geht komplizierter über Enzymstufen und benötigt auch gewisse Arbeit an den Strukturen, da das ganze mit Hemicellulose und Ligningen durchsetzt ist. Diese Strukturen werden durch Temperatur weich und die Enzyme haben ihr Optimimum auch im Bereich 45-55°C, nicht bei 38°C


Wir rätseln an dem Thema schon länger und suchen da eine Lösung auch ohne Wärme, da Wärme nicht die günstigste Lösung ist, aber nach vier Jahren haben wir keine anderen Lösungsmöglichkeiten mehr.
Wir haben durch: Hydrolysestufe einführen, Zerkleinerung umfangreich einsetzen auch in den Fermentern, Getreide oder Mais in erheblichen Mengen zusätzlich füttern, Rezirkulieren, Enzyme als alleinige Lösung.

Nennt uns eine Möglichkeit ausser der Temperatur, und wir versuchen es sofort.
Jens
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 1401
Registriert: 25.12.2007, 19:18
Wohnort: Ihausen

Beitrag von Jens »

Es gibt hier in der Nähe eine Anlage, die fährt eigentlich genauso wie wir (60-70%Mist). Die haben allerdings öfter mal kleine Rührprobleme, da die kein Paddel haben, sondern nur TMR.
Bei denen läuft es im Winter genauso wie im Sommer relativ gut.
Und die haben kein Wärmekonzept und kein Satellit, sondern können alle Wärme direkt in die Fermenter schicken. Die haben jetzt noch 48°C und die haben keine Probleme mit der Gasleistung...

https://de.wikipedia.org/wiki/Ockhams_Rasiermesser
Wade
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 510
Registriert: 07.04.2011, 21:25

Beitrag von Wade »

Jens hat geschrieben: Jetzt bei 38°C ist die Anlage wie ausgewechselt. Alles ist extrem dickflüssig. Lässt sich nur noch gerade rühren, der Nachgärer ist zwar flüssiger aber längst nicht so wie im Sommer. Und am Separator werden plötzlich Massen an Faserstoffen abgepresst, die sich ansonsten im Sommer wohl abgebaut haben. Wir haben im Sommer vielleicht 10m³ Festsoff und jetzt über 30m³ pro Tag.
Wonach wird der Separator geregelt? Zeit? Durchfluss? Menge Rezirkulat? Dachte die Leistung eines Separators wird maßgeblich von der Menge an absepariertem Feststoff beeinflusst. Der schafft z.b. immer 3t/h, bedeutet bei dicker pampe schafft er 10m³, bei Schweinegülle 30m³.

Dass es im Winter dicker im Femernter wird kann ich auch bestätigen. Ich hab hier zwar genug Wärme, bekomm die aber fast nicht in den Fermenter mit der dicken Pampe. (Vorlauf Heizung grad 68°C, oder die noch etwas anheben?). Im Sommerüber lieg ich immer >50°C, jetzt sackt es auch mal auf 44° ab. Die Thermophilen Bakterien vertragen Temperaturschankungen angeblich auch sehr schlecht, hängt also vielleicht auch damit zusammen?
Jens
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 1401
Registriert: 25.12.2007, 19:18
Wohnort: Ihausen

Beitrag von Jens »

Der Separator wird angeschaltet, wenn der Nachgärer voll ist und wenn da ordentlich Platz ist, wird er ausgeschaltet. D.h. er muss einfach die Dinge rausbringen, ob als Feststoff oder flüssig ist mir zunächst egal.
Und da sehen wir halt, dass bei niedrigen Temperaturen der Anteil Feststoffe sehr stark zunimmt.

Bei 44°C wird es auch schon etwas dicker gegenüber 50°C. Das passt. Als wir vor einigen Jahren überhaupt an höhere Temperaturen gedacht haben (da hiess es noch bei 44°C ist alles tot), da haben wir die Behälte langsam und nacheinander hochgefahren. 42°C war gut, aber so irgendwo um 45°C kam und kommt auch jeden Frühjahr der große Schub. Plötzlich drehen die Rührwerke leichter und es kommt mehr Gas.

Ich bin da gerade in so einem Förderprojekt bzgl. Celluloseverwertung drin. Da haben wir auch Mittel für Versuche.
Ich werde mal bei der Lufa nachfragen. Was haltet ihr von folgendem Versuch:
Unser Fermenterinhalt jetzt bei 38°C mit einer definierten Zugabe Stroh und Güllefeststoff.
4 Gärversuche: 20 Tage lang: bei 39°C, 42°C, 45°C und 48°C.
Und dann oTS-Bestimmung, Gasertrag und Viskosität.

Und wenn wir da Tendenzen bekommen, vielleicht ein Langzeitversuch (6 Monate oder so.) 2 Versuche 39°C + 48°C.

Dann müssten wir doch handfeste Aussagen bekommen, oder ?

@wade: sackt es dauerhaft auf 44°C ab oder nur schwankungen am Temperaturfühler ?
Wie viele Heizungsrohre oder Fläche hast du bei welchem Fermentervolumen ? Könnte man nicht Heizfläche nachrüsten ?
Wade
Identität bekannt
Identität bekannt
Beiträge: 510
Registriert: 07.04.2011, 21:25

Beitrag von Wade »

Ist tendenziell um ein paar Grad kälter als im Sommer, sackt nicht dauerhaft auf unter 44°C ab, ob da dann irgendwas am Temperaturfühler vorbeischwimmt/dranhängt oder die (verschlissene) Pumpe nen m³ mehr Sickersaft/Regenwasser aus der Vorgrube reingepumpt hat könnte auch sein. Kommt mir irgendwie so vor als ob die an guten Tagen mal mehr schafft oder an diesen Tagen irgendwie schlechter eingemischt wird, dann setzt sich das Wasser auch ab und läuft direkt durch den Überlauf ins Endlager.

Hab schon 3x2 Heizkreise, bedecken die Hälfte der Fermenterwand.


Zu deinem Gärversuch:
Hydrolysebakterien haben Reproduktionsdauer von Stunden bis Tage, dagegen haben Methanbakterien/Archaen doch eine wesentlich längere Reproduktionsdauer die eher im Bereich von mehreren Tagen bis Wochen liegt. Denke da sind 20Tage für einen Versuch schon arg knapp.
Antworten